Corona

Der Mittelweg

Die Kunst besteht darin, weder Panik zu schieben noch sich über das Virus lustig zu machen. Wir werden nicht alle sterben und CoViD19 ist keine einfache Grippe. Wenn ich mich dabei ertappe, daß ich in die eine oder andere Richtung drifte, führe ich mir die Fakten vor Augen; damit komme ich wieder auf den goldenen Mittelweg.

Das Virus

Das Virus heißt SARS-CoV2, die daraus resultierende Krankheit CoViD19. Bisher ist noch nicht bekannt, wie das Virus genau funktioniert, es sind nur einige Symptome bekannt. Die Krankheit kann jedoch auch asymptomatisch verlaufen, das heißt der Erkrankte entwickelt wenig oder gar keine Symptome.

Masken

Der Begriff "Maske" wird immer wieder falsch verstanden. Es gibt nach meiner Kenntnis drei Arten von Masken:

  • FFP2-Masken / FFP3-Masken Diese Masken verhindern, daß Viren eingeatment werden können. Sie werden im Krankenhaus auf Intensivstationen genutzt. Man erkennt die Masken an einem runden Plastikmundstück.
  • OP-Masken OP-Masken sind grünlich und werden im Krankenhaus beispielsweise im Operationsbereich genutzt. Sie verhindern nicht das Eindringen von Viren, verhindern aber die Verbreitung von Viren durch Husten und Niesen.
  • Mund-Nase-Schutz Masken, welche die Nase und den Mund bedecken und aus einem beliebigen Material gefertigt sind, nennt man Mund-Nase-Schutz. Dieser Schutz reduziert die Verbreitung von Viren durch Husten und Niesen und kann ebenfalls nicht das Eindringen von Viren verhindern.

Durch die Verwechslung der Masken kommt es immer wieder zu unangebrachten Fragen. Neulich meinte ein Reporter beispielsweise sinngemäß "Wenn jetzt eine Maskenpflicht kommt, wie sollen dann die bestellten sechs Millionen Masken ausreichen?" Die "sechs Millionen" war die Anzahl von bestellten FFP-Masken für die Intensivstationen in den Krankenhäusern. Wenn eine Maskenpflicht angeordnet wird, erwarte ich nicht vom Staat, daß er morgens bei mir klingelt und mir zehn Masken für den Tag überreicht, da er vorausschauend 800 Millionen Masken pro Tag bereithält.

Werte

Am Anfang hatten wir ein exponentielles Wachstum. Die Verdoppelungszeit lag bei zwei / drei Tagen. Verdoppelung ist ein Anzeichen für exponentielles Wachstum. Es galt das exponentielle Wachstum einzudämmen, da andernfalls (rein rechnerisch) in zwei / drei Monaten etwa 10 Millionen Menschen infiziert gewesen wären.

Nach dieser Phase rückte die Reproduktionsrate in den Fokus. Diese Rate gibt an, wie viele Menschen ein Infizierter durchschnittlich ansteckt. Bei einer Reproduktionsrate von eins, ist eine konstante Zahl von Neuinfektionen zu erwarten; sinkt die Rate unter eins, werden täglich weniger Neuinfektionen gemeldet.

Im Rahmen der Lagebeurteilung werden oft absolute und relative Zahlen falsch betrachtet. Da meldet ein Land beispielsweise 1.000 Neuinfektionen. So lange ich nicht weiß, a) wie viele Einwohner das Land hat und b) wie intensiv dort getestet wird, ist diese Zahl ohne Aussage. Konkret: 1.000 Neuinfektionen im Vatikan sind dramatisch, 1.000 Neuinfektionen in den USA wären für die Amerikaner ein Traum.

Ähnliches gilt für die Sterblichkeit (Mortalität). Es ist davon auszugehen, daß das Virus überall gleichermaßen tödlich ist. Ein Gedankenexperiment: Wenn in einem Land überhaupt nicht getestet wird, drei Menschen mit CoViD19 eingeliefert werden und zwei davon Sterben, könnte man – rein rechnerisch – behaupten, zwei Drittel aller Erkrankten sterben. In Ländern, in denen viel getestet wird, werden entsprechend viele Fälle identifiziert und die Mortalitätsrate sinkt auf die rund drei Prozent, wie man sie in vielen Ländern sehen kann; und dabei sind die unentdeckten Fälle noch nicht mal in die Kalkulation einbezogen.

Föderalismus

Immer wieder hört man, daß die Regelungen in Deutschland ein "Flickenteppich" seien. Das ist meiner Meinung nach eine völlig falsche Sichtweise auf das aktuelle Geschehen, wir erleben eher eine Sternstunde des Föderalismus. Kein Bundesland ist wie das andere. Die Bundesregierung gibt in Abstimmung mit allen Ministerpräsidenten Empfehlungen für Verhaltensweisen heraus. Die Bundesländer setzen diese Empfehlungen nach den regionalen Besonderheiten um. Das ist kein "Flickenteppich", das ist gelebter Föderalismus.

Und noch eins: Nachdem die ersten Lockerungen beschlossen wurden, gab es viel Kritik. Mir fehlte dabei manchmal eine reflektierte Betrachtung. Nehmen wir als Beispiel die Öffnungserlaubnis für Autohäuser. Sofort erschallte der Ausruf "Lobbyismus!"; könnte es nicht aber auch sein, daß Autohäuser öffnen dürfen, damit Fahrzeuge repariert werden können? Ich will weder das eine noch das andere als Motivation vermuten, ich will nur, daß man bei jeder Maßnahme zunächst einmal fragt, ob es auch einen anderen Grund dafür geben könnte. Ähnliches gilt für die 800 m² Verkaufsfläche.

Ich finde es wichtig, daß über Schritte zur Lockerung der Beschränkungen diskutiert wird. Es gibt viele Menschen, die unter der aktuellen Situation leidern. Was hingegen gar nicht geht, ist, bereits wenige Tage nach den ersten Maßnahmen sofort nach weiteren Lockerungen zu schreien. Die Inkubationszeit der Krankheit beträgt etwa zwei Wochen, so daß wir aktuell noch nicht mal die Auswirkungen von Ostern in den Infektionszahlen sehen können.

Grundrechte

Dem einen oder anderen erscheinen die Grundrechte angesichts der Pandemie nicht so wichtig, schließlich kämpfen wir ja gerade alle gemeinsam gegen das Virus. Aber wir dürfen die Grundrechte und jene, die sie einfordern, nicht belächeln. Grundrechte sind das A und O unserer Verfassung, die wiederum die Grundlage für unser Zusammenleben bildet.

Man kann nur an die Vernunft der Bürger appelieren, aber Grundrechte müssen gewahrt werden. Wenn jemand demonstrieren möchte – so hat jüngst das Bundesverfassungsgericht entschieden – so ist dies vom Staat möglich zu machen. Man kann auch mit einem Mindestabstand und Mund-Nase-Schutz demonstrieren.

Davon abgesehen, würde ich persönlich für Pegida, Impfgegner und Verschwörungstheoretiker generell Demonstrationen erlauben und dazu Fahrdienste für Corona-Patienten anbieten, die gerne die Demonstrationen einmal sehen möchten – aber das ist ein anderes Thema.

Strategie

Wir haben also eine Pandemie. Die Virologen und Epidemiologen sind sich soweit einig, daß Händewaschen und Abstandhalten sehr wirksame Maßnahmen sind.

Die Abflachung der Infektionskurve haben wir aktuell erreicht. Damit ist das Gesundheitssystem in der Lage mit den Neuinfektionen und Erkrankten umzugehen.

Wie können wir die Pandemie "beenden"?

  • Wenn wir eine Reproduktionsrate von unter eins beibehalten, wird die Durchseuchung der Bevölkerung Jahre dauern – das möchte niemand.
  • Wenn wir Medizin gegen die Krankheit oder einen Impfstoff gegen das Virus hätten, könnten die geimpften Personen wieder ein normales Leben führen. Ein Impfstoff ist wohl erst 2021 zu erwarten und danach müssen knapp acht Milliarden Menschen geimpft werden, was sich ebenfalls hinziehen wird.
  • Wenn die Reproduktionsrate weiter gering wäre, könnten wir eine Zahl an Neuinfektionen erreichen, die ein "Containment" möglich macht, das heißt, wir könnten wie ganz zu Anfang jede Infektionskette nachvollziehen und brechen. Es gäbe immer noch Menschen, die sich ansteckten, aber die Wahrscheinlichkeit wäre sehr gering.
  • Ein weiterer Beitrag könnte eine Tracking App sein. Durch eine datenschutzrechtlich saubere App könnte das mögliche Containment unterstützt werden.

Warum machen wir es nicht wie die Schweden? Ganz einfach: Wir sind nicht Schweden. Der Gedanke klingt zunächst verführerisch (die Menschen sind diszipliniert, die Infektionszahlen in einem normalen Rahmen), aber Schweden hat auch Besonderheiten bezüglich der Bevölkerungsdichte, die Anzahl der Ballungszentren und deren Verteilung ist anders und so weiter.

Fazit

Stay Calm and Confident.